Conrad von Hoevelen (1667)





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Titelseite der Publikation:

Der Lobwürdigen Hoch Fürstl:[ichen] Stadt und Stifts Ratseburg,
Glaub- und Besähewährte Merkwürdigkeit /
Samt verhandener Altertums Seltenen Gedächtnissen /
Nach=richtlich entworfen

CANDORE VIRTUTE HONORE.
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Lübek /
Verlegts Michael Volk
Gedruckt bei Sel:[igen] Smalherzens Erben
1667.


*

Sämtliche Bildvorlagen aus dieser Publikation: Privatbesitz, ungenannt.

 

Conrad von Hoevelen (1639-1689) [Vorname auch: "Kumrat", "Kunrat", Nachname auch: Höfel, Hövel] war ein deutscher Barockdichter und Schriftsteller. In dieser Publikation deutet er mit der lateinischen Bezeichnung "Candore Virtute Honore" seinen Verfassernamen an, wobei der Pseudonymteil "Candore" sich auf die Tatsache bezieht, daß er als Schriftsteller Mitglied in zwei literarischen Gesellschaften gewesen ist: Philipp von Zesen hatte ihn mit dem Beinamen "Der Höfliche" in die 'Deutschgesinnte Genossenschaft' aufgenommen und 1662 wurde er als "Candorin" auch in den 'Elbschwanenorden' aufgenommen. In dem ein Jahr vor der hier wiedergegebenen Publikation erschienenen Schrift "Der Käiserl:[ichen] Freien Reichs-Stadt Lübek Glaub- und Besähewürdige Herrligkeit / samt Verhandener Altertums Nüzlichen Gedächtnis / ... Lübeck, 1666, gibt er ebenso indirekt zu erkennen wie in der in derselben Druckerei erstellten Schrift: "Candorins Deutscher Zimber Swan: Darin Des Hochlöbl:[ichen] ädelen Swan-Ordens Anfang, Zunämen, Bewandnis, Gebräuche / Satsungen, Ordensgesätse, samt der Hochansähel:[ichen] Geselschafter Ordens-Namen entworfen", Lübeck 1667. In der letztgenannten Publikation findet sich als Frontispitz ein Schmuckblatt mit seinem Konterfei:

 



Vorlage: Landesbibliothek Oldenburg Digital. Permanent-URL:
https://digital.lb-oldenburg.de/ihd/content/pageview/125861
 

Von Hövelen beginnt seine Ausführungen, Ratzeburg betreffend, mit einem geschichtlichen Kurzabriß. In diesem Abschnitt heißt es unter Anderem: "ANNO 1409. rükten die Lübekker für Razburg / willens Stadt und Slos zu stürmen; Die von Razburg aber gingen ihnen manlich entgegen / bis Sie lezlich weighen und über die Brük-ke flihen musten / welche inbrache / darüber Vile versoffen.

III. Abteilung.
Ratseburg ware ehemals die grosse Haubtstadt in Polaben / welche hernach fast gar zum Abnämen geraten und schihr drüber zum Fläkken geworden / wie [der Autor] Kranz saget."
 


 


Von dieser sozusagen "barocken" Idee des An- und Abschwellens, wie wir sie auch in den (zeitnah erschienenen) Sonnetten von Andreas Gryphius finden, war schon der Beginn dieser Publikation geprägt), als von Hoevelen formulierte: "Inbetracht / wie alles in der weiten Welt dem beständigen Unbestand stets veränderlicher Auf- und Abnämung unterworfen / wird schone die Gescheide Vernunft begreifen / warum Unser Neu=itzigen Zeit das Vohr=altertum / wo nicht gar Unwa[h]r, dannoch so gar selzam und fremde fürkomt. [...] 2. Wie die Mänschen ihr Alter / also haben die Stäte auch zum Auf= und Abnämen Ihre Zeit." (S. 6).




 

Zurück zum Text: "Dise Lobwürdige Stadt liget gar lustig in Nidersaksen an dem See Wakeniz / so Südwerts hinauf ins Land flihsset und Südlich an Lübek stohsset.

Es scheinet das Wagern (Wagria) von disem See Wageniz auch teils benamset.

Ist ein gar herliches / Fisch=reiches / gesundes / süsses Inwasser / laufet sonderliche schöne Lust=gegenden vorbei: Mögte auch (ob es gleich etwas Mühe und Unkosten erforderte) mit in die Trave wol geleitet wärden / und also die Fahrt zur See in etwas bekommen können." (S. 14)



 

"Ratseburg [...] ligt gar lustig an Gehölze am See / unter einem gütig=gelinden Himmel und noch zimlich freier Luft / daher dan die Ein[=] und Umwonende wegen der Gesunden Natur eher für Brod und dem Gesunden sühssen Rommeldäuse (RAIMUND DITESTA) als für Apoteker-Lak-kwärgen Geld ausgäben. In wenig Zeit und Stunden kan man mit Lübek, Grünou / Dassau / Wismar / Büzenburg / Möllen / Oldeslo / Lauenburg / Neuhaus / Atlenburg / Bärgedorf / Hamburg / Lünäburg u:[nd] d[ero]: m:[ehr] Kundschaft und Verständnis pflägen.



 

Von Hövelen lobt das Ratzeburger Rommeldeus-Bier später im Text erneut und stellt dabei die These auf: "Ein guter Ohrt hat eine Mither[r]ligkeit auch von gutem Getränke." (S. 24.)

"Dem Gebite und Beherschung nach gehöret das Hohe Stift als der Duhm S:[einer] Hochfürstl:[ichen] Durchl:[aucht] dem Herzogen von Meklenburg. Die Stadt aber unter das Hoch Fürstl:[iche] Haus Lauenburg." S. 15.


"Die Läre und Glaubensbund ist unter den Stäten / Dörfern und ädelen Evangelisch; unter den Lauenburgischen Fürsten aber / (so die Lehen in Bohäim [Böhmen] genihssen) Römisch Catholisch [...]. S. 18


(S. 19) " IV. Abteilung. Heutigen Zustandes und Bewandnis nach / so s[ch]läget es mit Razburg noch zimlich für. Eigendlich ist es eine umflossene Dreistadt zu nännen; [wovon] dan[n] das Hochfürstl.:[iche] Saksisch-Lauenburg:[ische] Slos den einen Teil / die Stadt Ostlich an"
 





 

"sich selbst den andren / und das Hohe Stift / Duhm näben Sr: Hochfürstl:[ichen] Durchläuchtigkeit des Herzogen zu Meklenburg Burg-Haus den dritten Teil in sich begreifet.

Westwärts liget das Slos / Ostlich die Stadt und Nördlich der Duhm. Westwärts her / Südlich und Ostlich umhin streichet die Razbürger See herum und mag man nicht als über die West= und Ost=brücke dazu kommen.

Wan die nahe Bärge nicht herum wären / kön[n]te eine träfliche Festung davon gemachet wärden / und ist es aben noch so gar ein unfäster Ohrt nicht / zu dem stünde es wol noch etwas besser zu FORTIFICIEREN."
 


"Das Duhmstift ligt Nordlich / ist ein feines Gebäue / darin noch die Cellen / Rämter [Refektorium] und dergleichen Catholischen Zimmer und Gemächer artlich angeordnet gewäsen / zu sein die Anzeige ist." (S. 24)
 


"Die Kirche ist gar schöhn und wol geläget / der Kirchhofplatz ist fein gros mit einer neuen Maure und Kirchhof=Portal jüngst umbauet / der Kirchturm gleichet den Dänischen alten Kirchenspiren / nur mit einem Gibel-Verdäkke ohne Spitse.

Inwändig ist die Kirche fein doppelt= und hoch gewälbet / gar breit und lang / und fället darin ein gar lautdönender Hall.

Das Cohr ligt erhoben etliche Stufen hin=auf mit einem Gitter ums[ch]lossen.

Aldar ist ein köstliches von Alabaster ausgekünsteltes Weiland von H:[errn] Hartwig von Barkentihn gegäbenes Altar /

Nördlich dabei eine gar Wunder= und unschäzbare Tafel mit 12. Silbern Apostelen und dem SALVATOR auf das beste ausgezieret. Die Steinerne ausgehauene Bild=wärktafel drin die ganze Passion / ist ein trefliches Kunst=stük und hohen Währtes.

Südlich ist die grosse Hochfürstl:[iche] Leichtafel / Weiland Herzogin Catharinen Christsäligst:[en] Angedänkens.

Nicht weit davon das Herliche Gemählde" (S. 25)


 

"von Christi Abnämung am Kreuze / drauf Ihrer Hohen Ehrw:[ürden] und Herligkeit Herren Hn: Bünsouen und Hönighausens CONTRAFAICTEN, gar wol geschildert.

Auch machen unter anderen der Duhmherren 2. Gestüle dem Kohre einen grossen Zirat.

Oben am Pfeiler gäben die Hochfürstl:[ichen] Leichfa[h]nen dem Kohre gleichfals einen S[ch]muk.

Nördlich ist über des Kreuzgangs Tühr Sr: Hochfürstl:[ichen] Durchl CHRISTIAN LOUYS Herzogen zu Meklenburg / Fürsten der Wänden / Swerin und Razburg / als auch Graf zu Swerin / Herr der Lande Rostok und Stargard / s: a: m. CONTRAFAICT auf Romanisch-Heroisch in Lebens Grösse wol zu beachten. Es läbe S: Hochfürstl:[iche] Durchläuchtigkeit /

Unten Nördlich / sihet man H. HENRICI Daldorps ansäheliches EPITAPHIUM.

Gegen über am Kohre Weiland Hn. Hartwid vou [sic!] Bülou herliches Leich=mahl=gerüste.

Sonstn aus-serhalb Kores Stralendorps EPITAPHIUM.

Nicht weit davon Fr: Elisabeth Lepels Leich=tafel.

Ausserhalb oben am Kohrgeställe hat das Wetter her ges[ch]lagen / und die Güldine Buchstaben ausgeleschet und ges[ch]wärzet: so wol zu märken.

Unten für den Kohre ligt begraben ein Bischof / so in einer Nacht grau geworden / dessen Name Helmold gewäsen sein sol." (S. 26)
 


 

"Südlich ausserhalb Kohres ist Weiland seiner Hohen Ehrw[ürden]: Hn: PETRAEI SUPERINTEND: herliches Leichmahl / wohl währt zu besähen.

Nicht weit davon ist der Hochfürstl:[ich] Saksische Lauenb: Kirchen=stuhl.

Nahe dabei Weiland Schakken EPITAPHIUM.

Nordwestlich die Orgel / so ein gar feines Wärk ist.

Ostlich in dem Kreuz-gange ist die grosse Schule / drin der Herr RECTOR CHRISTIAN KOHL sonderlich berühmt. Im selben Gange sol auch Drukkerei sein."

[Von Hövelen verabschiedet sich von seinem Publikum in Form einer fünften Abteilung, in der er auf die sowohl auf die landschaftlich schöne Umgebung als auch - wie heute noch üblich - auf die Vorliebe mancher Leser, Sensationelles geboten zu bekommen, eingeht:]

V. ABTHEILUNG

Ausserhalb der Stadt finden äbenfalls sondere märkwürdige Sachen und selzame Dänkzeighen.

Unter andren ist die Kirche oben auf dem Bärge zweifels frei auf einer Heidnischen Abgott=stäte / Opfher=höhe oder dergl:[eichen] gebauet / welcher Höhe Razburgs=Fästung gar schädlich ist.

Unten dafür ist ein feiner gelägener Ohrt / drauf die Rännebahn und Judicier-Haus.

Sommers über gibets auf dem Bärge unter den Bäumen eine gar schöne Wandel= und Spazihr=Lust.

Gleichfals auch jenseits Ostlich in dem kleinen Lustgehölze.

Auf der See kan man auch seine Lust bis nach Gronou zu Schiffe haben / und von dar weiter bis Lübek zu.

Nicht weit von Razburg hat in dem Gehölze der Papedöne seine Mordgrube (gleich jenem ins Sweriner Holz vor Lübek) gehabt / darin er der Ent=leibeten Häubter auf eine Linie gezogen / drauf mit einem Stabe geslagen / damit seine Lust gehabt / und dazu gesungen haben sol /" (S. 27)
 


"so danzet / so danzet min leveste Söne /
Dat Danzen dat makt ju Vader Papedöne." (S. 28)


Eine kurze Würdigung dieser Publiukation findet sich im "Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogthums Lauenburg", digitalisiert hier erreichbar:

http://www.kmrz.de/lh_archivbaende/texte/texte_1892/lh_1892_03.htm