Der Dom von Ratzeburg
Der Dom, von Ratzeburg vor und
nach dem Brande vom 19. August Nach Photographien von
Ed. Laßen [recte: Lassen] in
Ratzeburg
Der Dom von Ratzeburg. (Mit Abbildung.) Eines der schönsten
Denkmale der spätromanischen Architektur in Deutschland ist am 19.
August d. J. theilweise ein Raub der Flammen geworden. Es ist der
ehrwürdige Dom in dem alten Bischofssitze Ratzeburg, auf
großherzoglich mecklenburg-strelitz'schem Grund und Boden gelegen,
während das Städtchen Ratzeburg zum Herzogthum Lauenburg gehört. Die
stattliche dreischiffige Pfeilerbasilika wurde im zwölften
Jahrhundert, angeblich von Heinrich dem Löwen, gegründet und war
erst vor wenigen Jahren theilweise einer Erneuerung unterzogen
worden. Am Nachmittag des genannten Tages schlug der Blitz in den
kleinen Thurm, und gleich darauf stand das Dach der Kirche und der
große Thurm in Flammen; die mit aller Kraft angestellten
Löschversuche hatten nur wenig Erfolg, der ganze Dachstuhl wurde
vernichtet und der große Thurm brannte bis auf das Mauerwerk aus.
Zum Glück war das Gewölbe der Kirche stark genug, um den
niederstürzenden Gluthmassen zu widerstehen, so daß das Innere mit
seinen reichen Kunst- und Alterthumsschätzen sowie die Orgel nur
wenig gelitten haben. Die kleineren Glocken sind geschmolzen, die
große, etwa 4100 Kilogramm schwere Glocke zerbarst, stürzte herunter
und durchschlug das Gewölbe über der Orgel, ohne jedoch weiteren
Schaden anzurichten. Unsere Illustration veranschaulicht das Bild,
welches das ehrwürdige Bauwerk vor und nach dem Brande darbot,
hoffen wir, daß es gelinge, die zerstörten Theile rasch wieder
auszubauen, damit dem schönen Denkmal der Kunst unserer Ahnen kein
weiterer Nachtheil erwachse!
S. 668
[Nach heutigem Wissensstand entstand das
Schadenfeuer im Apsisdach und breitete sich von dort nach Westen
aus. Die große Dom-Glocke wurde beim Absturz zwar stark verformt.
barst aber nicht, wie zeitgenössische Fotografien belegen. Sie wurde
danach zum Einschmelzen abtransportiert.]
Aus: Die Gartenlaube, Heft 39, 1893,
S. 668. Herausgeber: Adolf Kröner. Leipzig: Ernst
Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Hier die
Vorlage der Transkription, in Frakturschrift, auch zum Download:
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